“Wo verdammt nochmal ist hier das Scheißhaus?”
“Warum muss meine Frau jedem ihre Titten zeigen? Oh Gott, warum? Diese alte fette Schlampe.”
“Es riecht hier drin nach altem Furz. Hat jemand einen Textmarker? Ich will das an die Wand schreiben. Da, an diese gottverdammten Fliesen. Da hat schon jemand einen Schwanz gezeichnet. Genau daneben will ich das mit dem Furz hinschreiben. Ich finde, das klingt verdammt poetisch. Es erinnert mich an den scheiß Reinhard Maria – wie hieß der Arsch?”
“Rilke”, sagt einer ruhig. “Und der Mensch heißt nicht Reinhard, du Fotze.”
“Hey, Kumpel, pass auf, was du sagst, ja?”
“Halt’s Maul, Norbert”, sagt eine Frau. “Lass ihn ausreden – Na, wie hieß er denn dann? Na, Herr Oberschlau? Na?”
“Weiß ich doch nicht, du Fotze. Aber Reinhard heißt der Mensch sicher nicht, soviel weiß ich auch, obwohl ich ein scheiß Jugo bin. Der Rilke, das ist noch nicht mal mein Dichter, sondern deiner, Fotze, aber sogar ich weiß, dass der nicht Reinhard heißt.” Er spuckt im Dunklen aus.
“Es riecht hier trotzdem nach Furz.” Sie streicht mit den Fingerkuppen über die Fliesen, wo jemand einen Schwanz auf sie gezeichnet hat. Der Schwanz ist lang und ungemein dick. Sie leckt über ihre Lippen.
“Warum muss meine Frau jedem ihre Titten zeigen, oh Gott? Fette Schlampe.” Das sagt ein kleiner Kerl. Er sagt es immer wieder. Seltsam. Es ist nicht mehr weiter ungewöhnlich. Nichts ist heute noch ungewöhnlich. Niemand scheint sich daran zu stören. Seltsam. Das denke ich mir. “Warum muss meine Frau jedem ihre Titten zeigen? Fette Schlampe. So eine fette, verdammte Schlampe.” Ich bin mir nicht sicher, ob er weint. Vielleicht. Vielleicht so ein wenig.
“Ich hab’ die Titten von deiner Frau auch schon gesehen, mein Alter. Und die will keiner sehen. Die will wirklich keiner sehen. Haha.”
Der kleine Mann sieht kurz auf. Das kann ich im Dunklen gerade noch erkennen. Er sieht auf. Dann wird es Licht. Er hat einen ganz wirren Blick in den Augen, das kann ich gerade noch sehen, und dann blinzelt er den anderen an, als wäre er gerade aufgewacht oder so. “Ich will die schon nicht sehen – und es sind gewissermaßen meine Titten”, sagt er. “Oh Himmel. Oh Jesus. Warum zeigt sie ihre Titten nur jedem? Warum? Diese fette Schlampe.”
“Wo, verdammt nochmal, ist hier das Scheißhaus? Jetzt ernsthaft … Wo ist hier das himmelherrgottverdammte Scheißhaus?”
“Wir sind doch schon so gut wie mitten drin, Mann. Mitten drin, im Scheißhaus. Haha.” Er sagt Haha. Wieder. Und wieder. Er sieht nervös nach links und rechts.
“Hat jetzt wer ‘nen Textmarker oder was?” Die Frau hält ihr Gesicht noch immer ganz nah an die Fliesen heran. Ihre Stimme klingt ganz besonders hohl. Vielleicht, weil sie von so nah von den Fliesen mit dem gezeichneten Schwanz her kommt. Dem langen ungemein dicken Schwanz. Man hört sogar an der hohlen Stimme, dass sie sich über die Lippen leckt. Schon seltsam. Das Licht flackert ein wenig. Der Schwanz darin – die Frau. Es sieht fast ein wenig so aus, als würde sie über ihn lecken. Der Kerl daneben – der, der sie vorhin verteidigen wollte – kratzt sich im Schritt und sieht ihr unbehaglich zu. Er kratzt sich immer wieder. Und sieht ihr immer weiter zu. Seltsam, denke ich.
“Hm. Kein Textmarker? Niemand? Auch nur einen kleinen, alten, gelben?”
“Ach, halt doch die Fresse. Wer soll denn hier einen Textmarker dabei haben? Im Arschloch vielleicht, oder wie?”
“Ha! Ja, genau!”
Der Kerl, der sich kratzt schaut zu den anderen beiden hinüber, ohne den Kopf zu heben. Er kratzt sich durch die Stoffhose den Schwanz, sieht auf die Frau hinab, dann auf die beiden anderen. Ohne den Kopf zu heben. Ohne eine Rührung. Kratzt sich – kratzt durch die Stoffhose, als würde er sich einen wichsen.
“Rilke!” schreit jemand. “Reinhard Mahagoni Rilke.”
Einer lacht. Ein anderer hustet. Irgendwer raucht. Verdammt, ja, eine Kippe wäre jetzt klasse. Schade, dass ich aufgehört habe. Seltsam, woran man so denkt, denke ich.
Es flackert. Es stinkt. Es stinkt so erbärmlich. Und es ist heiß – schwül – die Luft ist so feucht, dass man sie trinken kann. Den Schweiß darin, die Angst und die irre, seltsame Geilheit der Leute, die stinken und sich aneinander reiben. Seltsam. Schon seltsam …
“Warum zeigt sie ihre fetten, grindigen Titten nur jedem? Warum? Fette Schlampe. Ich meine, wer will die schon sehen?”
“Jetzt komm schon, Mann, komm schon, es gibt schlimmeres.”
“So? S-So? Was denn?” Er beherrscht sich, glaube ich. Aber nicht lange. “Was denn, verdammt? WAS DENN?”
“Na …” Die Stimme löst sich in einem gewissen Schmatzen auf. Es symbolisiert wohl einen gewissen Schritt zurück. Ein Zögern. Ein Zurückrudern, vielleicht. Es ist ein schönes Zögern in dieser schönen Stimme. Ich glaube, sie gehört einem großen Schwarzen, dessen Lippen immerzu so klingen, als würde er etwas dahinter kauen. Er ist mir vorhin schon aufgefallen. Er ist so riesig und breit. Er kann einem gar nicht nicht auffallen. Eine Hitze scheint von ihm auszugehen, wie von einem Heizkörper. Vielleicht ist er der Ursprung dieses allen hier, aber … Nein. Nein, das darf ich nicht denken. Das ist sogar mir klar. Und ich muss mich schließlich nicht melden, denke ich. Nicht wahr. Nicht wahr? Ich merke plötzlich, dass meine Handflächen wie irre schwitzen. Ich putze sie an den Hosenbeinen ab, an den Oberschenkeln, gleich über den Knien und sofort spüre ich, wie die Stellen dort nass werden.
Der große, breite dampfende Schwarze schmatzt wieder mit seinen Lippen. Plötzlich muss ich daran denken, wie es sich wohl anfühlte, wenn er mir einen blasen würde. Seltsam. Und dabei bin ich nicht einmal schwul. Vielleicht nur ein bisschen. Vielleicht auch nur heute. Seltsam. Es geht doch alles den Bach hinunter. Letzten Endes …
Der kleine Mann wimmert vonwegen seiner Frau. Titten – irgendetwas mit Titten. Andere murmeln. Wie seltsam. Niemanden scheint es noch zu stören.
“Na …”, sagt der Schwarze und schmatzt. “Na, na, na. Hm. Nein, ich denke schon, dass es schlimmeres geben könnte.” Verdammt, jetzt bekomme ich auch noch einen Steifen. “Na, zum Beispiel könnte sie ihre Fotze jedem zeigen. Haha.”
“Das fehlt noch.”
“Ja, das fehlt noch!” Darin sind sich alle einig.
“R-R-Reinhard Mahatma Rinnsal! Maroni! Maroni! Aaah!”
Ich muss jetzt daran denken, wie sich seine dicken, wulstigen Lippen um meine Eichel schließen. Die Wärme und die Weichheit darin. Ich bin ihm ausgeliefert und doch stehe ich über ihm. Er kniet. Der riesige schwarze Wandschrank von einem Kerl kniet. Mir zu Diensten. Endlich. Ein Häufchen lutschendes, sabberndes Elend.
Meine Hose spannt, dort wo sie an den Oberschenkeln feucht wird und ich spüre einen Tropfen in meine Unterhose perlen. In ihr spüre ich eine gewaltige Erektion.
“Wo ist ein Textmarker, wenn man einen braucht? Ein Sextmarker! Ich muss das jetzt aufschreiben! Ich muss! Dieser Schwanz und alles an ihm riecht nach Scheißhaus und ich will nicht sterben, ohne das der Nachwelt aufgeschrieben zu haben: wir sterben hier in Scheißhäusern! Sollen es ruhig alle wissen!”
Der Kerl, der sich andauernd kratzt, will die Hand nach ihr heben. Sich an sie ranmachen. Lässt es dann aber sein. Er sieht zerknittert aus. Ja, richtig zerknirscht. Seltsam. Wie seltsam.
“Halt deine verdammte Fresse, du elende Fotze!”
“Ja, verdammt. Niemand stirbt hier!”
“N-niemand.”
“Maragoni Taraloni! Rillke!”
Mir ist schwindelig. Ich glaube, ich muss kotzen. Ich muss jetzt daran denken, wie ich dem großen Schwarzen mit den Schmatzlippen meinen ganzen Schnodder ins Gesicht spritze, keine Ahnung, warum. Verdammt, und dabei bin ich nichtmal schwul. Das kommt sicher von diesem ganzen verdammten Gelaber hier drin und der Enge und der Hitze und den Fliesen und dem Gestank und allem … Vor allem der Gestank. Es riecht nach Scheiße und nach allen Körperflüssigkeiten, die der Teufel so erfunden hat.
“Verdammt, es riecht hier drin wirklich nach Furz”, sagt jemand. Es ist nicht die Frau mit dem Fliesen-Schwanz. Es ist ein Kerl diesmal.
“Sag’ ich doch!” Die Stimme wird immer hohler. Vielleicht leckt sie jetzt schon an den Fliesen mit der Schwanz-Zeichnung. Ich bin gerade nicht in der Position, sie dafür zu verurteilen …
“Verdammt noch eins. Wie lange braucht das denn noch, bis jemand kommt?”
Ja, sie müssen doch langsam bemerkt haben, dass …”
“Einen Scheiß!” ruft die Frau plötzlich. Ich bin mir nicht sicher, was sie wohl meint. Sie klingt betrunken oder auch irgendwie anders angetörnt – aber immerhin klingt ihre Stimme jetzt wieder viel klarer. Ob die Fliesen sich an sie gewöhnt haben?
“Diese … fette … Schlampe.”
“Ach, komm schon, Mann” – Schmatz-Schmatz – “So schlimm wird’s schon nicht werden.”
“Wovon redet ihr eigentlich, verdammt? Ich meine, habt ihr den Ernst unserer …”
“Ach, halt doch dein Maul.”
“Wie lange braucht das denn noch, bis jemand kommt?”
“Ja – wie lange? Ich meine, das muss doch längst jemandem aufgefallen sein, dass …”
“Ja.”
“Ja. JA! I-ich denke auch.”
“Rilke. Riiilke. Rülke. Ralke. R – Matahari – Rüssel.”
“Halt’s Maul. Halt endlich dein Maul, du gottverdammter scheiß Jugo.”
Es kommt jetzt Bewegung in die Menge. Gerempel. Jemand hustet und lacht. Ellenbogen stoßen gegen Ellenbogen und Nieren und eine Milz.
“Nein”, sagt der Jugo.
“Was heißt da Nein?” Seine Stimme bebt. Er glüht.
Ein anderer ruft: “Ruhe jetzt! Ich glaube, ich höre was!”
“Ach, was du hörst, ist deine eigene Scheiße im Hirn!”
Jemand lacht. Der Schwarze neben mir schmatzt. Die Sache mit dem Schwulsein wurmt mich gewaltig. Am liebsten würde ich meinen Schwanz rausholen und ihn ordentlich wichsen. Oder ihm dem Schwarzen hinhalten, damit er endlich dran lutschen kann. Ich will, dass er auf die Knie geht und mir schönen einen lutscht, ja. Er soll sich in der Scheiße suhlen, in der wir hier stehen müssen und mir einen blasen. Das ist es, was ich denke, verdammt. Und das wurmt mich ganz gewaltig, verdammt.
Im hinteren Teil bekommt eine Frau ein Kind.
“Wo ist deine Alte eigentlich?” fragt er den Kerl neben sich. Den mit der fetten Schlampe als Frau. Die mit den Titten, Sie wissen schon.
Jemand bellt. Ein Kerl in lachsfarbenem Anzug. Glücklicherweise fällt das Licht aus. Eine andere Frau den Stollen hinunter schreit und fängt an, zu weinen. Der Lachs-Kerl bellt wieder. Er lacht dazu wie irre. Es riecht plötzlich kalkig. Irgendwie nach feuchtem Beton und Stein und alter Erde …
“Ich … sie … ich weiß es nicht.” Plötzlich klingt der kleine Kerl ganz unruhig und verängstigt. So als wäre ihm gerade erst eingefallen, dass er die Herdplatte zuhause eingeschaltet hat lassen. “I-ich weiß nicht, wo sie ist.” Schon seltsam. “I-ich weiß es nicht.” Das sagte er, als müsste er die Wörter dazu im Mund herumschieben, irgendwie anprobieren, wie eine verdammte Hose oder so. Der Schwarze schmatzt und ich überlegte ernstlich, ob ich jetzt schwul bin.
“Ruhe!”
Die Frau brüllt. Der Lachs-Kerl bellt. Die andere Frau, die das Kind bekommt, schreit wie am Spieß. Männer um sie herum treten zurück und murmeln verärgert und angewidert. Einer an ihrer Seite fleht sie in einer fremden Sprache an. Dass Flehen keine Sprache braucht, hilft ihm nicht. Es donnert über uns. Ein dumpfes Grollen. Schon seltsam. Jemand fällt auf die Knie und betet und ich muss an den Schwarzen denken, der auf die Knie fällt und meine Eier leckt. Das Licht springt wieder an. Viel zu kurz. Die Frau schreit wie am Spieß, bis sie jemand schlägt, der dabei lacht. Ich weiß nicht, ob er über den Hundemann lacht oder weil er sie schlägt. Ist ja auch egal. Die gebärende Frau quietscht und atmet schwer. Ihr Kerl flucht jetzt. Sie schwitzen da hinten alle noch stärker, als wir.
“Rilke. Rilllke. Riiiiiiiiiiilke.”
“Textmarker. Das muss doch zu machen sein! Jemand muss doch einen Textmarker für mich haben? Nur einen kleinen! Einen gelben! Der Kleine hatte doch auch immer einen.” Sie leckt über die Fliese vor sich, über die mit dem Schwanz. Sie weint jetzt. Der kratzende Kerl ist umgefallen. Ich sehe ihn kaum noch.
“Schwänze und Fürze. Schwänze und Fürzeee.”
“Haha. Haha. Haha.”
“Warum. Oh, diese fette Schlampe? Wo ist sie nur? Bestimmt zeigt sie jetzt denen da oben ihre fetten Titten. Oh Gott. Gott, warum? Jesus …”
“Riiilke. Rülllke … Reinhard Miniplini Rille.”
“Ich flehe dich an: halt die Schnauze. HALT DIE SCHNAUZE! Du verdammte Jugo-Sau.”
Einer hinter mir macht Grunzgeräusche wie ein Schwein und brabbelt etwas vonwegen Ansteigen und Anspritzen und fetten Titten, was den kleinen Kerl hinter dem Schwarzen wieder ganz kirre macht.
“Habt ihr das nicht gehört? Da oben? Nicht …?”
“Halt dein Maul.”
“Halt DU doch dein Maul.”
Himmel, die Frau mit der hohlen Stimme hat Recht gehabt: es riecht hier wirklich nach Fürzen. Aber jetzt nicht mehr. Leider. Jetzt riecht es nach Scheiße. Jemand hat sich hemmungslos und satt in die Hosen geschissen. Klarer Fall. Wie seltsam. Das ist es, was ich denke. Wie seltsam. Ich habe jetzt keinen Steifen mehr. Ich spüre ihn wieder ermattet in meiner engen, dreckigen Unterhose liegen. Ich spüre Feuchte. Traurigkeit. Verbitterung. Elend.
Denke ich weiterhin an die Lippen des großen Schwarzen? Möglich. Er schmatzt weiter neben mir. Der Typ auf der anderen Seite spielt mit einem GameBoy, oder wie diese Dinger heutzutage heißen. Er atmet schwer dabei. Auf den Fliesen hinter ihm klatscht etwas feuchtes. Ich denke an Gehirne und Blut.
“Sie – sie müssen doch bald mal … Ich meine … oder? Wir sind doch Menschen!”
“Ach, einen Scheiß müssen sie. Wir sind nichts als Dreck.”
Bellen.
Grunzen.
Lachen.
Das Licht flackert. Staub rieselt von der Decke. Kalk. Dreck. Splitter von Beton und Verputzt. Es rieselt von der Decke. Es rieselt mir geradewegs auf die Stirn. Ich habe beinahe vergessen, dass ich da den Bombenmann kleben habe. Den Bombenmann, den kleinen, fetten Bombenmann.
Er lacht und drückt mit seinen wulstigen Babyarmen gegen die Seiten meines kahlen, deformierten Schädels, aus dem er wächst. Der Bombenmann. Das macht ihm Spaß. Er stinkt höllisch nach Eiter, sogar so sehr, dass er den Geruch von Schweiß und Angst und Scheiße überdeckt, der hier über allem hängt. Seine Haut knistert gelblich vor meinen Augen. Der Bombenmann.
“F-fette Titten. F-fette Tittileins. Sissi, w-wo bist du nur? Wo? Ich hab’s doch nicht so gemeint … Ich …”
“Wuff-Wuff!”
“Frau bekommen … Kind! Helfen! Helfen bittä! Helfen! Kind!”
“Grunz-Grunz, Baby! Grunz-Grunz! Haha!”
“Wuff-Wuff!”
Der Bombenmann.
Er lacht.
Ich würde sie alle umbringen. Aber das wussten sie noch nicht.
Der Bombenmann wusste es schon. Er war immerhin der Bombenmann.
Er wächst noch ein Stückchen weiter aus meinem Schädel. Er schwitzt. Er spreizt das schüttere Haar auf seinem beuligen Schädel. Die Warzen schütteln sich. Er ist jetzt fast so weit. Fast. Der Bombenmann. Er würde es ihnen schon zeigen.
“Textmarker! Oh Himmel … Warum wolltest du ihn mir nicht geben, Kleiner? Warum?” schreit sie und schluchzt. “Warum? Ich habe dich doch neun Monate unterm Herzen getragen.”
“Rillake. Rilli-Rilli-Rillake!”
“Halt die Schnauze. Bei Gott, ich schwöre, ich schlitze dich auf.”
“Achtung! Er hat eine Scherbe!”
“Einen Scheiß tu ich. Einen Scheiß.”
Um den Schwarzen tut es mir leid. Er sieht sich an. Er schwitzt sehr stark und blutet an einer kleinen Wunde unter dem rechten Auge. Es ist ganz schwarz; so schwarz wie der Nachthimmel und strahlt in einem weißen, so herrlich weißen Augenfleisch, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Vielleicht, denke ich mir, vielleicht bin ich verliebt. Ja, um den Schwarzen tut es mir wirklich leid. Er starrt mich an und ihr sehe die Angst in seinen Augen. Er starrt geradewegs durch den Bombenmann hindurch. Er tut mir leid. Ich schlucke. Ich denke an seine Lippen, seine Hände, seinen Schwanz … er hat sicher einen großen Schwanz, so wie auf der Zeichnung auf den Fliesen.
Ich will etwas sagen, bringe aber nichts heraus.
Ich lächele ihm zu. Ich fühle aber nichts dabei – außer, dass es mir um ihn leid tut. Ja, um den Schwarzen tut es mir wirklich leid. Aber sonst …
Der Bombenmann.
Eiter. Pulsierende Wärme über meiner schwitzenden Stirn. Wie lange halte ich noch durch? Wie lange?
“Um Himmels Willen! Bitte! B-bitte bleibt doch vernünftig! Sie werden kommen. Sie kommen bald und …”
“W-wir sind doch Menschen! Menschen!”
“Rilke.”
“Jetzt reicht’s mir, du Schwein.”
“Fotze! Fotzen! Haha!”
Der Bombenmann.
Bellen. Grunzen. Jemand schlägt die brüllende Frau halb tot. Andere fangen an, sich gegenseitig zu fressen; andere sich zu ficken: in den Mund, in die Ärsche, in die Fotzen, in die Achseln, die Augenhöhlen – egal. Der kleine Kerl mit der fetten Frau hat einem anderen die Kehle aufgebissen. Er hatte etwas über seine Frau gesagt. Pisse rinnt Hosenbeine hinab. Irgendwo schreit ein Kind. Der Boden vibriert. Noch mehr Kalk rieselt von der Decke. Der Bombenmann räkelt sich genussvoll auf meiner Stirn und kichert. Er glänzt fettig und sabbert. Er ist jetzt fast soweit. Er kommt.
Der Bombenmann war die ganze Zeit über da. Er ist immer da.
Fast ist er soweit.
Fast.

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Angesagt