Sie Spaziergänge zu nennen, ist verquer. Ich stromere durch die Stadt, suche – nach irgendetwas; wahrscheinlich Trost. Ich finde ihn nicht. Ich beginne, ihr böse zu sein, dieser Stadt – aber sie ist nunmal eine, die dir gehört; dem Gestern; unseren Erinnerungen; den zehn Jahren, die wir hier verbracht haben. Es ist eine Stadt, an deren Mauern du klebst; von deren Laternenmasten herunter du mich beäugst, verspottest, als ob die Krähen dort oben rote Perücken tragen würden – Linsen, mit deinen Augen; hämisch, auf ihren hohen Thronen … Jedes Plakat zeigt nicht das Gesicht eines Models, irgendeiner fremden, schönen Frau, die mir Zahnpasta oder Bier oder Unterhosen verkaufen will – sie tragen alle dein Gesicht.

In anderen Worten: es ist eine Stadt ohne Trost; es sind „Spaziergänge“ in eine Vergangenheit, die alles nur noch schlimmer macht – in der noch alles in Ordnung war – und in der doch auch schon der Keim alles Vergehenden steckte – der Schmerz, den ich jetzt irgendwie in diese Gitarre vor mir gießen muss. Ich schreibe krakelige Zeilen auf ein schmutziges Papier, streiche sie wieder durch, formuliere neu; suche nach Worten, Reimen, Bildern … Ich denke …
Ich denke: Ja, dort drüben hast du einmal gewohnt, während meine Schritte mich weiter und weiter in diese Nacht hinein lenken; und da, an dieser Ecke haben wir uns einmal geküsst … ob der alte wirre Professor noch lebt, der da früher immer ein und ausgegangen ist; oder der eine rote Kater, der damals schon so alt und so griesgrämig und so fett war, wie verschmust …? Ich werde es nie erfahren – so wie ich nie erfahren werde, was wohl aus dir geworden ist …


Warum tut es so gut, Gedanken, Gefühle, Bilder zu Zeilen zu formen, und diese dann zu Musik? Ich bin nicht einmal sonderlich talentiert, kann kaum Gitarre spielen und bin immer bald genervt von meiner eigenen Unfähigkeit und doch scheint es irgendetwas im Inneren zu reinigen; zu beseitigen, was mich immer wieder lockt …

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